home



"The Great Maddening" - CD



"Imperium Grotesque" - CD

EVILIZED

Es kommt schon mal vor, daß mir die Worte fehlen, auch wenn das eher selten der Fall ist.
Nicht, weil ich vor Ehrfurcht erstarrt wäre - oder wenn, dann nur ein bisschen – vielmehr, weil mich dünkt, dass mein Wortschatz kaum zu beschreiben vermag, was an Eindrücken an mein Ohr dringt.

Le Grand Guignol bestehen zu einem Teil aus Sessionmusikern für Falkenbach und mögen manchem unter Vindsval ein Begriff sein.
Die Belgier scheinen ein Faible für das Außergewöhnliche zu haben. Namenspate war das legendäre Théâtre du Grand Guignol im Paris des 19. Jahrhunderts, welches bis 1962 fortbestand und seine Zuschauer mit der Darstellung menschlicher Abgründe im Sinne von Nekrophilen, Mördern, Vergewaltigern, Selbstmördern und der Auseinandersetzung mit Mystik, Dämonen und sonstigen furchteinflößenden oder gesellschaftlich geächteten Themen anlockte.
Die musikalische Umsetzung findet auf dem Nachfolger zu „Imperium Grotesque“ eine würdige Fortsetzung, spielt man hier doch mit allerlei künstlerischen Mitteln.
Gesanglich von weichen, klaren Artikulationen und mit weiblichem Background ausstaffierten, erhabenen Chorälen hin über gesprochene Parts und biestiges blackmetalorientiertes Gekeife variiert ebenso die Instrumentierung des Albums.
Ganz darauf bedacht, den Hörer in eine seltsam anmutende, obskure Phantasiewelt zu entführen, ohne dabei den Boden unter den Füßen zu verlieren.
Musik nach Gauklerart, eben wie in einem Zirkus, manchmal fast so aufwändig, wie für ein cineastisches Historienepos inszeniert.
Neben druckvollen, rauen Metalklängen stehen Avantgarde – Einschübe, stehen barocke Cembali, xylophonentlehnte Keyboards, verspielte Klaviersoli, Glockenspiel, Bläser, Kontrabass und Streicher für die sanften, harmonischen Klänge, nachgeahmte Aerophone, marschähnliche Rhythmen – als Zusammenspiel für eine makabre und doch illustre Szenerie adäquat vertont.

Einziges Manko dieses Albums: Nichts für schwache Nerven, obgleich hier kein Krach vorherrschend ist, die Brutalität entpuppt sich als eine ganz subtile und wird den ein oder anderen Hörer die Nerven kosten ob der akustischen Eindrücke, die es zu verarbeiten gilt.
Heißt: Alltag aussperren, Rotwein eingießen, zum Konzipieren angenehme Position einnehmen und das Gehirn freimachen. Horizont erweitern. Genießen. Sich an musikalischer Größe erfreuen.
Anita Strahberger


back